Der Debütroman der vielfach ausgezeichneten Autorin.
Die Erzählerin reist mit ihrem Vater in ein südeuropäisches Land. Ziel der Reise ist eine Pension in einer verlorenen Gegend, wo ihre Halbschwester lebt. Sie hat die uneheliche Tochter des Vaters noch nie gesehen. Um seine Ehe nicht zu gefährden, hatte der Vater keinen Kontakt zu Maries Mutter. In der abgeschiedenen Pension, die Maries Mutter betreibt, und in der noch Maries Halbbruder Fabian, eine Frau und ein Mann wohnen, geraten die Neuankömmlinge in ein Machtspiel, das durch ihre Ankunft aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Eine Vereinigung der Familienhälften scheint unmöglich, die Atmosphäre feindlich. Die Isoliertheit, in die sich Vater und Tochter auf diesem Grundstück begeben haben, wird zur Falle. Die Erzählerin fürchtet, ihren über die Grenzen des Familiären hinaus geliebten Vater an Marie zu verlieren. Die emotionale Bedrohlichkeit der Situation spiegelt sich in der bis zur Unheimlichkeit gesteigerten Wahrnehmung der Ich-Erzählerin. Am Schluß verläßt sie die Gegend, allein. Ob ihr die Ablösung vom Vater geglückt ist, bleibt offen.
Nora Bossong zeichnet in »Gegend« eindringliche Portraits eines beunruhigenden Kammerspiels, sprachlich sparsam gearbeitet, aber von einer Sogwirkung, die sich nicht nur aus dem Stoff ableiten lässt. Ein lakonischer Ton, der auf geglückte Weise im Widerspruch zur Spannung steht, die er erzeugt.
Die Ich-Erzählerin ihres ersten Romans reist mit ihrem Vater, den sie auf ungesunde Weise liebt, in eine Pension im Süden, in der unter anderen ihre Halbschwester, deren Mutter und ein weiterer Halbbruder leben. Was eher aufs Geratewohl begann, entpuppt sich als bedrohlicher Thriller, der an Poe und Stoker erinnert. Wie durch einen Sehschlitz nimmt der Leser in dieser Versuchsanordnung lauter Merkwürdigkeiten wahr und erefährt die Magie eines einsamen Ortes, der die Reisende schließlich doch noch in die Flucht schlägt.FAZ
Mit ihrer sozusagen zitternden Poetik des Stillstands hat die Autorin ein spannungsreiches Verfahren gefunden, lyrische Qualitäten für einen Roman fruchtbar zu machen. Und durch ihren weitgehenden Verzicht auf angloamerikanische, psychologische Erzähltechniken hebt sich Bossong weit von der literarischen Dutzendware vieler junger Autoren der letzten Jahre ab.FR
rotz der sprachlichen Klarheit bleiben Nora Bossongs Figuren und ihre Beweggründe aber unscharf - es gibt fast keine Kausalitäten in dem Roman, ein Ereignis folgt auf das andere, ohne dass deutlich würde, ob es nun damit unmittelbar in Verbindung steht oder nicht. Keine Verwunderung, nicht bei der Erzählerin, nicht bei den anderen Personen, und mit fortschreitender Lektüre auch immer weniger beim Leser – man nimmt die Dinge, wie sie kommen, auch wenn man ahnt, dass sie von Dramatik und sogar Tragik sein könnten. Ein wenig erinnert der Ton, in dem Nora Bossong ihre abgründige Geschichte erzählt, an denjenigen des Alten Testaments: So wie dort die Geschichte von Lot und seinen Töchtern in ihrer bloß scheinbaren Logik unkommentiert präsentiert wird, ebenso lakonisch berichtet Bossongs Roman mit seiner sentimentalen und stilistischen Verknappung von dem namenlosen Vater und seinen Töchtern.taz
Ein im guten Sinn beunruhigendes, ein vielversprechendes Debüt.Spiegel Online